Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. begrüßt die Möglichkeit, sich über den Beirat an der Erstellung des Berichtes zu beteiligen. „Unseren Beitrag verstehen wir nicht als Selbstzweck. Wir haben klar die Lebenslagen benachteiligter und armutsbetroffener Menschen in Hessen im Blick“, erläutert der Vorsitzende des Liga-Arbeitskreises „Grundsatz und Sozialpolitik“ Jörg Klärner. Für weitere Landessozialberichte hat Jörg Klärner konkrete Vorschläge: „Wir wünschen uns, dass der Bericht nicht erst zum Ende der Legislaturperiode veröffentlicht wird. Zu einem so späten Zeitpunkt ist es für die gegenwärtige Regierung unmöglich, konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten und noch umzusetzen. Das sollte aber doch eigentlich das Ziel sein. Zudem sind die Zahlen bei Erscheinen schon wieder veraltet. Jährlich erscheinende, thematisch enger gefasste Teilberichte wären sinnvoller“.
Gleichzeitig bleibt der Bericht aus Sicht der Liga Hessen ungenau, was die Analyse der Ursachen für die wachsende Armut in Hessen angeht. Die Liga spricht sich schon länger dafür aus, eine gründliche vergleichende Erhebung durchzuführen, um darstellen zu können, warum sich die Armutsentwicklung in Hessen so viel ungünstiger darstellt als in anderen Bundesländern, in denen sich ähnliche Rahmenbedingungen finden. „Was uns große Sorge macht, ist die seit Jahren zunehmende Armutsquote in Hessen. 18.3 Prozent der Menschen in Hessen gelten als einkommensarm. Im Vergleich mit den anderen Bundesländern schneidet Hessen immer schlechter ab und liegt nur noch auf Platz 11 der 16 Länder. Wir müssen noch mehr über die Ursachen hierfür wissen, damit passgenaue Handlungsempfehlungen und Maßnahmen abgeleitet werden können“, so der Liga-Vorstandsvorsitzende Carsten Tag.
Ein Problem auch schon bei den vorherigen Berichten: Aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgten wenig konkrete Handlungen. Viele der vor fünf Jahren formulierten Empfehlungen des Beirats sind heute leider noch genauso aktuell wie damals. Dazu zählen die Forderung nach einem deutlichen Ausbau von bezahlbarem Wohnraum, insbesondere in Ballungsgebieten, der Wunsch nach Verbesserung von Bildungsgerechtigkeit in Schule, Studium und im Übergang zum Beruf und die Notwendigkeit der Erhöhung der Integrationschancen von geflüchteten Menschen. „Wir erhalten nun schon zum Dritten Mal eine Menge Daten. Was wir uns als Liga dringend wünschen, sind nun konsequentere politische Taten“, sagt Carsten Tag weiter.
Die Liga Hessen begrüßt es sehr, dass der aktuelle Bericht gezielt die Lebenssituation von Alleinerziehenden untersucht. Über 40 Prozent der Familien mit alleinerziehenden Eltern in Hessen leben in Armut. Die schwierige Lebensrealität Alleinerziehender wird im Bericht klar herausgearbeitet. Sie brauchen z. B. dringend verlässliche Kinderbetreuung, um einer bedarfsdeckenden Erwerbsarbeit nachgehen zu können und qualifizierte Unterstützung im Familienalltag durch haushaltsnahe Dienstleistungen, denn sich um alles allein kümmern zu müssen, führt oft zu Überlastung. Weiterer wichtiger Punkt ist die Unterstützung bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum. Alleinerziehende sind hier besonders benachteiligt, da sie die Miete für ihre Familienwohnung aus einem einzigen Gehalt begleichen müssen. Viele Vermieter*innen vermieten ihre Wohnungen zudem nicht an alleinerziehende Frauen aus Sorge, dass diese mit dem Muttersein überfordert sind oder die Miete nicht bezahlen können.
„Auf den Bericht müssen jetzt klare politische Handlungsstrategien folgen, die zudem einem regelmäßigen Monitoring von Soll- und Ist-Zuständen unterliegen sollten“, formuliert Jörg Klärner den Wunsch der Liga Hessen abschließend.
Hintergrund
Mitglieder des Beirats zur Erstellung des 3. Hessischen Landessozialberichts sind namentlich die Vertreterinnen und Vertreter der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V., der evangelischen und katholischen Kirchen, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Sozialverbandes VdK sowie der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen. Der Landessozialbericht wird einmal in der Legislaturperiode von der Landesregierung herausgegeben.
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