Andacht von Pfarrer Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen
Liebe Schwestern und Brüder,
hinter uns liegt das Osterfest. Ostern ist das Fest der Auferstehung Christi, das Fest, an dem wir als Christen und Christinnen den Sieg des Lebens über die Kräfte des Todes feiern.
Wobei: Der Tod ist nicht aufgehoben. Die Kräfte des Todes sind weiter am Werk. Wir alle tragen sie prinzipiell in uns. In bestimmten Zeiten und bei einigen Menschen kommen sie leider besonders deutlich zum Ausdruck. So wie seit Wochen in der Ukraine, die Putin mit seinen Soldaten und Mörderbanden überfällt und drangsaliert.
Das ist schwer - oder gar nicht – auszuhalten.
In einer solchen Zeit begehen wir Ostern? Ostern, das Fest der Auferstehung Christi, das Fest an dem wir als Christen den Sieg des Lebens über die Kräfte des Todes feiern?
Zweifel kommen auf. Zweifel, so wie damals bei Thomas, von dem die Bibel im Johannes Evangelium berichtet. Jesus hatte sich nach seiner Auferstehung dem Kreis seiner Jünger und Jüngerinnen gezeigt. Dabei hat er ihnen die Kraft des Heiligen Geistes übertragen. Nur Thomas war nicht dabei gewesen.
Ich verlese einige Verse aus dem 20. Kapitel :
„Thomas war nicht bei Ihnen, als Jesus kam. Da sagten die anderen Jünger zu ihm: wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich es nicht glauben.
Und nach acht Tagen waren sie abermals versammelt und Thomas war bei Ihnen. Kommt Jesus und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: reiche deinen Finger her und lege sie in meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
Thomas antwortete und sprach zu ihm: mein Herr und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“
Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Das ist für mich in dieser geschilderten Begebenheit der zentrale Satz: selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
An Gott zu glauben, heißt eben nicht: Gott zu sehen.
An Gott zu glauben, heißt eben nicht: zu wissen und mit dem Verstand zu begreifen.
An Gott zu glauben, heißt sich einzulassen auf die Begegnung mit etwas, das außerhalb von Zeit und Raum, von Begreifbarem und Verstehbarem steht.
Menschen in der Bibel – und auch in anderen heiligen Schriften – berichten seit tausenden von Jahren von solchen Glaubenserfahrungen, die sie haben erleben dürfen.
Wir sind eingeladen, uns in diesen Reigen einzureihen. Uns einzuüben in ein Vertrauen; ein Vertrauen, in das Ja, das Gott zu uns spricht. In diesem Ja Gottes sind Leben und Tod, Zeit und Raum aufgehoben und gehalten in seiner Hand. Gott spricht uns dieses Ja immer wieder neu zu: An jedem Osterfest. An jedem Tag. In jedem Augenblick.
Wir sind eingeladen uns in dieses Ja einzuüben und dieses Ja nachzusprechen. In den Begegnungen die wir haben. In unserer inneren Ausrichtung. In dem, was wir tun und denken.
Wir sind eingeladen – und dürfen drauf vertrauen: dass es Gott ist, der uns dieses Ja immer wieder neu vor- und zuspricht.
In diesem Vertrauen dürfen wir auch diese heutige Sitzung und diese neue Arbeitswoche beginnen.
Amen
Frankfurt, 25. April 2022
Pfarrer Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen