In ihrer Region ist Carmen Friedel eine kleine Berühmtheit – als Alltagsheldin wurde die freiwillige Koordinatorin des Nähcafés im Mehrgenerationenhaus des Diakonischen Werks Groß-Gerau/Rüsselsheim 2017 mit dem „Deutschen Bürgerpreis“ der Sparkasse Groß-Gerau ausgezeichnet. Egal ob jung oder alt, Mann oder Frau, Anfänger*in oder Profi – alle sind im Nähcafé willkommen. Gemeinsamen erschafft die zurzeit 14-köpfige Damengruppe nicht nur Kuscheltiere oder Kissenbezüge, sondern auch Herzkissen für Brustkrebspatienten sowie Obst- und Gemüsenetze für die Aktion „Wir kaufen unverpackt“.
Seit vier Jahren leitet die 57-Jährige das Nähcafé und zeigt vollen Einsatz: Unermüdlich schreibt Carmen Friedel Firmen an und bittet um Stoff- und Garnspenden, stellt ihr Haus als Lager zur Verfügung und verkauft die Produkte zusammen mit den anderen Näherinnen an den Wochenenden auf Märkten. Die Erlöse spenden sie sozialen Einrichtungen oder Projekten in ihrer Region.
„Das Nähcafé kam für mich zur rechten Zeit. Nach einer Krebserkrankung konnte ich nicht mehr so arbeiten wie zuvor. Meine Kinder waren schon groß, und ich fragte mich, was ich mit meiner Zeit machen soll. Das Nähen habe ich mir bereits als Kind in der DDR selbst beigebracht. Später habe ich mich als Änderungsschneiderin selbständig gemacht. Als ich mit der Leiterin des Projekts sprach, habe ich direkt gesagt, dass ich Atheistin bin und gefragt, ob das ein Problem wäre. Als sie das verneinte, wusste ich, dass diese Aufgabe das Richtige für mich ist. Die Chemie zwischen der hauptamtlichen Leiterin und mir stimmte einfach. So kam eins zum anderen. Wir haben hier so viel Spaß. Ich hätte nie gedacht, dass ich so eine tolle Truppe bekommen würde. Frauen jeden Alters und jeder Kultur sind im Nähcafé willkommen. Auch Männer nehmen wir gerne auf, es hat sich aber noch keiner gefunden. Die älteste Näherin ist 80, unser Küken ist 35 Jahre alt. Ich freue mich jedes Mal, in das Nähcafé zu gehen und „meine Damen“, wie ich sie nenne, zu sehen. Die Aufgabe gibt mir unglaublich viel Kraft. Man kann das nicht beschreiben. Manchmal scherzen wir und malen uns aus, wie wir irgendwann mit den Rollatoren ins Nähcafé fahren. Ich glaube wirklich, mich muss man hier rausrollen.“