Maria Loheide, Sozialvorständin der Diakonie Deutschland: "Wir haben in der Pflegepolitik kein Erkenntnis-, sondern ein erhebliches politisches Umsetzungsdefizit. Mit dem aktuell festgestellten dramatischen Anstieg der Zahl pflegebedürftiger Menschen wird deutlich, wie dringend eine umfassende Pflegereform ist. Jetzt nicht zu reagieren, ist grob fahrlässig und gefährdet die menschenwürdige Pflege vieler Menschen in den kommenden Jahren. Die Probleme sind längst klar benannt. Jetzt muss der Gesundheitsminister dafür sorgen, dass sich die Koalition endlich über die Finanzierung der Pflege einigt. Wenn die Pflege vor dem Kollaps bewahrt werden soll, muss die Politik schnell umsteuern. Die Pflegeversicherung braucht eine sichere Finanzierung, damit Pflegebedürftige noch versorgt werden können und pflegende Angehörige und die Pflegedienste und -einrichtungen handlungsfähig bleiben.
Schon jetzt bringen immer mehr gesamtgesellschaftliche Aufgaben, wie die Finanzierung der Kosten der Coronapandemie mit 5,5 Milliarden Euro sowie der Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige mit 3,5 Milliarden Euro, die Pflegeversicherung an den Rand der Insolvenz. Wenn bereits jetzt die Zahl der Pflegebedürftigen sprunghaft steigt, steigen zwangsläufig auch die Ausgaben für die Pflege. Die Frage ist also nicht ob, sondern wie wir die Pflege kurz- und mittelfristig finanzieren. Lösungsvorschläge dazu liegen seit langem auf dem Tisch. Die Diakonie Deutschland erklärt seit Jahren, dass die gesamtgesellschaftlichen, versicherungsfremden Aufgaben durch Steuern finanziert werden müssen, die auch von Beamten und Privatversicherten gezahlt werden. Nicht neu ist auch, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflege dringend verbessert werden müssen. Denn das ist der Schlüssel für die Attraktivität des Pflegeberufs. Wir werden viel, viel mehr Kräfte in der Pflege brauchen. Wir müssen auch über neue Versorgungsformen diskutieren, neue Begriffe schaffen keine zusätzlichen Ressourcen."
Ansprechpartnerin: Dr. Angela Rascher