„Diakonie ist in allen wichtigen sozialen Bereichen unserer Gesellschaft aktiv. Aus der Praxis der Arbeit in den diakonischen Einrichtungen wissen wir, welche konkreten politischen Entscheidungen gebraucht werden, um allen Menschen die Chance auf ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu geben. Wir zeigen an konkreten Beispielen, wie die künftige hessische Regierung gute Sozialpolitik machen kann.“
Obwohl die Armutsquote in Hessen seit Jahren überdurchschnittlich hoch ist, taucht das Wort „Armut“ im Eckpunktepapier nicht auf. Um die Armut in Hessen zu bekämpfen, muss an vielen Stellschrauben gedreht werden. Ein wesentlicher Baustein ist die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum. „Wohnen“ wird als ein Schwerpunkt im Eckpunktepapier benannt. Der konkrete Lösungsansatz eines Landesförderprogramms „Wohnraumhilfen“ taucht aber bislang nicht auf. Mit dem Förderprogramm können Good-Practice-Beispiele der Sozialen Wohnraumhilfen in Kassel auch an anderen Orten in Hessen etabliert werden. Soziale Wohnraumhilfen unterstützen Menschen in schwierigen Lebenssituationen dabei, Wohnungen anzumieten oder halten zu können. Vermietende bekommen über soziale Träger Sicherheit und Unterstützung, falls Schwierigkeiten entstehen, zum Beispiel bei Mietzahlungen.
Der Schwerpunkt „Gesundheit und Soziales“ wird von den künftigen Koalitionspartnern ebenfalls genannt. Aktuelle Berichte warnen vor der zunehmenden Unterversorgung von Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf. Im Eckpunktepapier werden aber noch keine entsprechenden Maßnahmen benannt. Die neue Regierung sollte mehr öffentliche Förderung in die Infrastruktur der Pflegeversorgung investieren. Dazu gehören zum Beispiel Investitionen in den Klimaschutz bei Bauvorhaben, die in die hessischen Landesrahmenverträge aufgenommen werden sollten. Ein Pflegezukunftsfonds böte die Chance, die Pflege auf dem Weg zu mehr Klimaschutz und moderneren Organisationsstrukturen zu unterstützen. Kurzfristig könnte ein Soforthilfeprogramm schnelle Hilfe in den (teil)stationären Einrichtungen und bei den ambulanten Diensten leisten und mögliche Insolvenzen abwenden.
Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft. Aber in der Jugendhilfe in Hessen fehlen Betreuungsplätze und Personal, zusätzlich belastet unnötige Bürokratie. Hessen braucht ein starkes Landesjugendamt. Die zukünftige Regierung in Hessen kann und muss gemeinsam mit den Akteuren der freien und öffentlichen Jugendhilfe an den drängenden Herausforderungen wie Fachkräftegewinnung, Finanzierung von Modellprojekten und Strukturverbesserungen arbeiten. Ein wichtiger Schritt wäre zum Beispiel das Einrichten eines runden Tisches zum SGB VIII und zu Inklusion.
Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch gleiche Chancen im Leben bekommt. Nachteile sollen ausgeglichen werden. Menschen mit Behinderung in Hessen haben ein Wunsch- und Wahlrecht, wenn es um die Frage geht, wo und wie sie arbeiten wollen. Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) unterstützen und begleiten dabei. Sie helfen auch dabei, Übergänge in Inklusionsbetriebe, Außenarbeitsplätze und den ersten Arbeitsmarkt zu gestalten. WfbM zu erhalten und weiterzuentwickeln ist ein wichtiger Baustein der künftigen Regierung auf dem Weg zu gelingender Inklusion in Hessen.
Pflegeeinrichtungen, die Gastronomie oder das Handwerk, überall wird dringend Personal gesucht. Hessen ist darauf angewiesen, hier lebenden Migrant*innen und Geflüchteten möglichst einfach und niedrigschwellig den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die künftige Regierung sollte eine „Integrationsoffensive“ starten. Um wieder zukunftsfähig zu werden, braucht Hessen Integration statt Abschiebung. Das heißt konkret: Aufenthaltsförderung statt Aufenthaltsbeendigung, zum Beispiel durch die Finanzierung einer professionellen und unabhängigen Integrationsberatung durch das Land Hessen.