Zum dritten Mal jährt sich am 9. November der im Jahr 2020 von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) und ihren Mitgliederverbänden ins Leben gerufene „Aktionstag Suchtberatung“. Dieses Jahr steht er unter dem Motto „Wieso? Weshalb? Darum!“ und hat das vorrangige Ziel, die breite Öffentlichkeit über die Wichtigkeit von Suchtberatungsstellen zu informieren.
In Hessen gibt es laut der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS) ca. 85 Suchtberatungsstellen. 23 davon sind Mitglied der Diakonie Hessen und diese haben Ratsuchende im Jahr 2022 mit insgesamt 15.000 Angeboten unterstützt.
Suchtberatungsstellen leisten mehr als nur Sprechstunden
Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass Suchtberatungsstellen weit mehr leisten als lediglich niedrigschwellige Sprechstunden für konsumgestörte oder suchtgefährdete Menschen anzubieten. Die meisten Suchtberatungsstellen decken eine Vielzahl an Beratungs- und Präventionsangeboten ab und haben sich oft entweder auf illegale oder legale Süchte spezialisiert. „Suchtberatungsstellen bieten Betroffenen eine zieloffene Beratung an. Hier ist es wichtig, Betroffene in einer frühen Phase der Entwicklung einer Konsumstörung zu erreichen. So kann sowohl dem Betroffenen selbst als auch seinem sozialen Umfeld viel Leid erspart werden“, sagt Martin Meding, Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Landesarbeitsgemeinschaft für Suchthilfe der Diakonie Hessen (ELAS) und Leiter der Suchtberatungsstelle des Evangelischen Regionalverbandes in Frankfurt/Main. Neben der gängigen Beratung zu Alkohol, Nikotin, illegalen Drogen, Medikamenten, Glücksspiel oder Mediensucht, gibt es auch Präventionsangebote für Unternehmen und Schulen, Nachsorgeangebote nach stationärer Entwöhnungsbehandlung und die ambulante Rehabilitation sowie die Beratung von Angehörigen und Menschen aus dem sozialen Umfeld.
Digitalisierung steigert Suchtgefahr bei jungen Menschen
Eine stark anwachsende Gruppe, die Beratungen in Anspruch nehmen, sind junge Menschen, da Suchtmittel wie Alkohol, Medien, Sportwetten und möglichweise bald auch Cannabis legal verfügbar sind. „In Zeiten zunehmender Digitalisierung sind Suchtmittel oft nur noch einen Klick entfernt: Sportwetten, die neuste Serie streamen, die Story auf Instagram oder stundenlanges Zocken und Scrollen sind aus der Lebenswelt junger Menschen nicht mehr wegzudenken. Hier unterstützen Suchtberatungsstellen, wenn die übermäßige Nutzung den Schul- oder Ausbildungsabschluss hemmt, weil junge Menschen auf dem Weg ins Erwachsenwerden in parallele Welten abdriften“, sagt Kerstin Dahlke, Leiterin der Suchtberatungsstelle des Diakonischen Werkes Region Kassel.
Selbsthilfegruppen sind ein wichtiger Baustein
Manche Suchtberatungsstellen wie z.B. die des Evangelischen Regionalverbandes in Frankfurt/Main bieten nicht nur die genannten Angebote, sondern betreuen auch Selbsthilfegruppen, die sich wöchentlich treffen und austauschen. Selbsthilfegruppen können sich entweder heterogen zusammensetzen oder stellenweise auch aus homogenen Zielgruppen bestehen (Selbsthilfegruppe für Frauen, Selbsthilfegruppe für Glücksspiel, Selbsthilfegruppe für Angehörige etc.). „Selbsthilfegruppen sind ein zentraler und wichtiger Baustein in der Behandlung von Menschen mit einer Konsumstörung. Besonders bei dem Ziel der dauerhaften Abstinenz leisten Selbsthilfegruppen einen wichtigen Stabilitätsfaktor, da sich hier Menschen gegenseitig verstehen und unterstützen, wenn sie von Gedanken an Alkohol, Suchtdruck oder Rückfall sprechen. Auch finden sich hier soziale Kontakte im abstinenten Umfeld. Eine enge Verzahnung zwischen Suchtberatungsstellen und den Suchtselbsthilfegruppen ist hier von enorm wichtiger Bedeutung“, so Martin Meding abschließend.
Forderung nach solider Finanzierung von Suchtberatungsstellen
Finanzierung von Angeboten in Suchtberatungsstellen sind zwar Aufgabe der Kommune, aber keine gesetzlich verankerte im Rahmen der kommunalen Daseinsfürsorge. „Die ELAS fordert daher seit Jahren eine solide und kostendeckende Finanzierung durch die gesetzliche Verankerung als kommunale Pflichtleistung“, erklärt Nathalie Bonnet, Referentin für Suchtfragen der Diakonie Hessen. Um die Qualität der Suchtberatung zu erhalten, soll die Finanzierung überwiegend pauschal erfolgen und muss jährlich dynamisiert werden, damit Tarifbindungen, Lohnsteigerungen und Inflationsraten berücksichtigt werden können. Nur so können die kostenfreien und niedrigschwelligen Angebote weiter Bestand haben und ausgebaut werden.
Suchtberatungsstellen mit ihren kostenfreien und niedrigschwelligen Angeboten sind folglich eine unersetzbare Hilfeleistung für unsere Gesellschaft. Themen wie Sucht im Alter, Crack-Konsum, Mediensucht, zunehmender Cannabiskonsum, Spielsucht und Mischkonsum im Jugendalter werden unsere Gesellschaft auch weiterhin beschäftigen. Besonders in dem ländlich geprägten Bundesland Hessen ist ein gut ausgebautes Netz an Beratungsangeboten von enormer Wichtigkeit, da Menschen mit Konsumstörungen immer wieder kurze Zeitfenster haben, in denen sie bereit und offen dafür sind, sich Hilfe zu holen – und dann muss Hilfe schnell und kurzfristig abrufbar sein.
Weitere Informationen zum Aktionstag gibt es unter https://www.aktionstag-suchtberatung.de/aktionstag-suchtberatung
Hintergrund
ELAS – Das Netzwerk für Suchthilfe in der Diakonie Hessen
Die Evangelische Landesarbeitsgemeinschaft für Suchthilfe der Diakonie Hessen (ELAS) stellt ein kompetentes Netzwerk an Beratungs- und Behandlungsstellen, Kliniken, Nachsorgeeinrichtungen und Selbsthilfegruppen in Hessen und Teilen von Rheinland-Pfalz dar. Experten in ambulanten und stationären Diensten bzw. Einrichtungen sowie Betroffene und Angehörige in Selbsthilfegruppen bieten Hilfe und Unterstützung, informieren über das Leben mit und nach der Sucht und begleiten in krisenhaften Lebensphasen. Wir setzen uns für eine kluge Vorbeugungspolitik ein und leisten z.B. an Schulen und in Unternehmen Aufklärungsarbeit. Der hohe Standard unserer Angebote wird im Rahmen von Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung gewährleistet.
Kontakt
Nathalie Bonnet
Referentin für Suchtfragen
nathalie.bonnet@diakonie-hessen.de