Klassismus als Diskriminierungskategorie weist darauf hin, dass Menschen aufgrund ihres unterschiedlichen sozioökonomischen Status einerseits unterschiedliche Chancen für ökonomische, soziale oder politische Teilhabe haben und ihnen andererseits ein unterschiedlicher Wert zugesprochen wird. Arbeiter*innen mit geringer formaler Qualifizierung, prekär Beschäftigte, Langzeitarbeitslose oder Obdachlose werden dabei häufig abgewertet und ausgegrenzt.
So wird zum Beispiel oft behauptet, dass arme Menschen dümmer oder fauler oder an ihrer Armut selbst schuld seien, womit sich gesellschaftliche und ökonomische Ungleichheit sowie die sozioökonomische Ausgrenzung armer Menschen scheinbar legitimieren lassen. Gleichzeitig werden Formen der kulturellen und strukturellen Diskriminierung und Chancenungleichheit verschleiert, zum Beispiel durch den sog. „Mobilitätsmythos“. Dieser behauptet, dass jede*r jederzeit ökonomisch und gesellschaftlich aufsteigen kann, wenn er*sie sich nur genug anstrengt und bereit ist Leistung zu erbringen. Tatsächlich weisen Studien aber auf eine große Stabilität von Klassenzugehörigkeit hin. Schulischer und beruflicher Erfolg hängen stark von der sozialen Herkunft und den verfügbaren materiellen und immateriellen Ressourcen in der Herkunftsfamilie ab.
Betrachtet man den elterlichen Bildungsstand, dann hatten laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2019 in Deutschland über 67 Prozent aller Schüler(innen) auf einem Gymnasium mindestens ein Elternteil mit (Fach-)Hochschulreife (Abitur), aber nur knapp sechs Prozent stammten aus Haushalten, in denen der Hauptschulabschluss der höchste Bildungsabschluss ist .