Täglich flüchten Frauen, Kinder, Jugendliche und ältere Menschen aus der Ukraine nach Deutschland. Laut UNHCR-Angaben sind bisher 4 Millionen Menschen aufgrund des Krieges aus der Ukraine geflüchtet. Auch wenn die Gesamtzahl von 275.000 Einreisen von Flüchtlingen nach Deutschland derzeit nur geschätzt werden kann, machen die Bilder am Berliner oder Hamburger Hauptbahnhof die Not eindrücklich deutlich: die jungen Menschen und Familien brauchen eine sichergestellte Erstversorgung, Unterstützung in der Krise, im Umgang mit familiären Trennungen, Traumatisierungen und Verlusten. Dies schreiben EREV- und BVkE-Mitgliedseinrichtungen, zu denen auch die Diakonie Hessen gehört, in einer gemeinsamen Erklärung und fordern ein krisenerprobtes Kinder- und Jugendhilfesystem. Konkret heißt es weiter:
Während die Zuständigkeitserklärung der Kinder- und Jugendhilfe politisch noch umstritten ist und durch ehrenamtliches Engagement vielen Flüchtenden geholfen wird, ist für die unterzeichnenden Einrichtungen dieser Erklärung bereits klar: Der Kinderschutz muss an erster Stelle stehen!
Zentrale Koordinierung mit Blick auf die Kinder nötig
Wir appellieren daher an ein krisenerprobtes Kinder- und Jugendhilfesystem und stellen es in die Verantwortung, jetzt zu handeln, um das Wohl der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen. Das Vorgehen in einer solchen Krise kann sich nur an den Leitlinien des Kinderschutzes orientieren: Dafür bedarf es einer zentralen Koordinierung in den Kommunen, die auch die Kinder im Blick haben, die in privaten Unterkünften versorgt werden, sowie einer Koordination des Bundes und der Länder, die die Unterbringung von Heimeinrichtungen unter der Federführung der Kinder- und Jugendhilfe steuert.
In der konkreten Umsetzung heißt das: Wir wollen jungen Menschen und Familien jetzt Zuflucht und Sicherheit gewähren, räumliche und personelle Ressourcen bereitstellen und Platzkapazitäten erweitern – und zwar auch dann, wenn die herkömmlichen Strukturen und Verfahren der Betriebserlaubnis und Kostenübernahme hier zunächst unklar sind. Hierfür ist es erforderlich, dass die aufsichtsführenden öffentlichen Träger diese Maßnahmen unterstützen und Rechtssicherheit herstellen.
Ein entschiedenes Handeln in der Not macht es unumgänglich, den Kinderschutz voranzustellen und die Überführung in regelhafte Strukturen erst im unmittelbaren Anschluss gemeinsam voranzubringen. Die unterzeichnenden Einrichtungen setzen sich daher dafür ein, allein reisende junge Menschen, Kinder und Jugendliche aus Heimen sowie Familien kurzfristig aufzunehmen, auch dann, wenn mittelfristig das bürokratische Verfahren der Betriebserlaubnis noch aussteht. In diesem Notfall gilt es, alle verfügbaren Mittel zu nutzen, um Ressourcen zu bündeln, indem zum Beispiel auch die Platzkapazitäten in bestehenden Regelwohngruppen erweitert oder junge Menschen und Familien über die Hilfe in Notsituationen nach § 20 SGB VIII untergebracht werden.
Wir erklären uns bereit für dieses gemeinsame und entschiedene Handeln in Verantwortung und im Sinne des Kinderschutzes.
Hannover, Freiburg, 01. April 2022
Koordination des Appells:
- Evangelischer Erziehungsverband e.V., der Vorstand, im Auftrag Geschäftsführer Dr. Björn Hagen, b.hagen@erev.de
- Bundesverband Caritas Kinder- und Jugendhilfe e.V., der Vorstand, im Auftrag Geschäftsführer Stephan Hiller, stephan.hiller@caritas.de