Einen Schwerpunkt der Beschlüsse der Arbeits- und Sozialministerkonferenz der Länder (ASMK) Ende November 2019 bildet die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung. Die Bundesländer fordern die Bundesregierung auf, insbesondere die Sachleistungen der Pflegeversicherung kontinuierlich an die Personalkostenentwicklung anzupassen. Hier sei zu berücksichtigen, dass die zu erwartenden und bereits heute spürbaren Entwicklungen bei den Personalkosten im Pflegebereich deutlich über der kumulierten
Inflationsentwicklung liegen, so dass kurzfristig eine pauschale Einmalanhebung der Leistungen der Pflegeversicherung ebenso erforderlich ist wie ein grundsätzliches und deutliches Mehr an Verbindlichkeit und Regelmäßigkeit in der gesetzlichen Dynamisierungsregelung des § 30 SGB XI. Des Weiteren spricht sich die ASMK auch für einen Steuerzuschuss an den Ausgleichfonds der Pflegeversicherung aus. Neben diesen kurzfristigen Maßnahmen müsse ein tragfähiges Gesamtkonzept für die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung erarbeiten werden. Die ASMK schlägt eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vor, die mit der notwendigen wissenschaftlichen Unterstützung grundsätzliche Anforderungen und Lösungskonzepte für die nächste Legislaturperiode entwickeln soll.
Unter der Überschrift Kurzzeit- und Verhinderungspflege stärken und zukunftsfest gestalten fordert die ASMK einen Maßnahmenkatalog mit verbindlichen Schritten zu entwickeln. Ziel sei es, die Rahmenbedingungen der Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowohl für die Pflegebedürftigen, ihre Angehörigen und weitere sie pflegenden Personen als auch für die Träger der Einrichtungen nachhaltig zu verbessern. Die ASMK hat hier einstimmig für ein Bündel an Maßnahmen gestimmt (die der Bund ergreifen soll). Dazu zählen die Stärkung der solitären Kurzzeitpflege. Weiterhin soll geprüft werden, ob die Leistungsbeträge der Pflegeversicherung erhöht werden müssen, ob die Vorpflegezeit bei der Verhinderungspflege gestrichen werden kann und wie der erhöhte Aufwand bei der Krankenhausnachsorge oder bei pflegebedingten Krisensituationen besser berücksichtigt werden kann. In unterversorgten Regionen könnten Krankenhäuser Kurzzeitpflege anbieten. Außerdem soll geprüft werden, wie Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege unbürokratisch zusammengefasst werden könnten und ob Leistungserbringer verpflichtet werden könnten, eine bestimmte Platzzahl für die Kurzzeitpflege freizuhalten.
Zur Personalbemessung in Pflegeeinrichtungen fordert die ASMK eine frühzeitige Einbindung in die Ergebnisse des Modellprojekts nach § 113c SGB XI, längere Übergangsfristen bei der Umsetzung und dass durch eine Reform der Pflegeversicherung die finanziellen Auswirkungen einer verbesserten Personalausstattung nicht wie nach derzeitiger Rechtslage alleine von den Pflegebedürftigen getragen werden müssen. Sie begrüßt, dass erstmalig zur Ermittlung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen die pflegefachlich erforderlichen Tätigkeiten nicht nur nach dem Umfang, sondern auch nach notwendiger Qualifikationsstufe des Pflegepersonals erfasst und ausgewiesen werden.
Zum Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gemeinsam stärken sieht die ASMK dringenden Handlungsbedarf im Bereich der nahezu regelhaften Wechselwirkung zwischen der Übernahme von Pflegeverantwortung und den damit häufig verbundenen monetären Einbußen im Rahmen des eigenen Erwerbslebens. Sie bittet die Bundesregierung um Prüfung möglicher Lösungsansätze, zu denen etwa auch eine steuerfinanzierte Lohnersatzleistung gehören könnte. Die Beschlüsse der ASMK sind zu finden unter:
https://asmkintern.rlp.de/fileadmin/asmkintern/Beschluesse/Beschluesse_96_ASMK/Externes_Ergebnisprotokoll_96._ASMK_web.pdf
Kommentar:
Die Vorschläge zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung gehen in die richtige Richtung. Aber es fehlen verbindliche Aussagen zu den Feldern, in denen die Länder selbst tätig werden könnten (z. B. Förderung von Investitionskosten). Die Gestaltungsverantwortung der Länder und Kommunen im Bereich der pflegerischen Infrastruktur wird nicht angesprochen. Die Forderung nach einer steuerfinanzierten Lohnersatzleistung bei Pflege-/Familienpflegezeit ist positiv zu bewerten. Aber auch hier fehlt das Element der Selbstverpflichtung zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.