Pflege gehört zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Nicht zu handeln hat demokratiegefährdende und volkswirtschaftliche Konsequenzen. Wir zeigen, worauf es nun ankommt.
Das Gesundheitssystem ist am Limit, es braucht grundlegende Veränderungen. Trotz eindringlicher Warnungen und vielen Verbesserungsvorschlägen ist bis heute nicht genug geschehen. Das Pflegesystem entspricht noch immer nicht den aktuellen Bedarfen. Es ist zu kompliziert. Viele einzelne Arbeitsbereiche sind zu wenig miteinander verzahnt oder vernetzt. Und doch wird weiter gepflegt und Care-Arbeit geleistet. Das geschieht in stationären Einrichtungen, in der Tagespflege, in Krankenhäusern und Einrichtungen der Eingliederungshilfe – und es geschieht in vielen, vielen privaten Haushalten. Manchmal unterstützt von einem ambulanten Pflegedienst oder der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung und ganz oft geschultert von Angehörigen, Freund*innen oder Nachbar*innen.
Die Situation in der Pflege ist so angespannt wie nie und für Pflegende und Angehörige sehr bedrückend. Es wird Zeit, dass Pflege und die Sicherung von Sorgenetzen ganz nach oben auf die politische Agenda kommen. Es ist klar: Alle werden ihren Beitrag leisten müssen, finanziell, aber auch ganz praktisch wie über Nachbarschaftshilfe, Ehrenamt, geteilte Verantwortung in der Familie.
Nachwuchs in der Pflege und der Zugang zu Qualifizierungsprogrammen müssen dringend gesichert und flexibilisiert werden – und innovative Beschäftigungsmodelle müssen finanziert werden, um eine konstante und hochwertige Pflege zu gewährleisten.
Pflege soll für jede und jeden da sein. Die Diakonie Hessen zeigt in ihren Forderungen, was es braucht, damit wir auch in Zukunft Hilfe und Pflege geben und erhalten können.
Forderungen: Was die Pflege braucht
Pflege soll für jede und jeden da sein. Die Diakonie Hessen zeigt in ihren Forderungen, was es braucht, damit wir auch in Zukunft Hilfe und Pflege geben und erhalten können.
Damit Pflege in Zukunft überhaupt noch bezahlbar ist, brauchen wir eine grundlegende Finanz- und Strukturreform der Pflege
Die bisherigen kleinen Veränderungen greifen nicht weit genug. Sie lösen die strukturellen Probleme in der Pflege nicht. Auch auf Landesebene müssen wir uns damit beschäftigen und Forderungen an den Bund weitergeben: Eine grundlegende Finanz- und Strukturreform ist notwendig. Dies gilt für alle Versorgungsformen gleichermaßen. Aktuell macht die vorhandene Struktur arm.
Zu einer nachhaltigen und gerechten Finanz- und Strukturreform gehören unter anderem:
Deckelung des pflegebedingten Eigenanteils: tatsächliche solidarische Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile in der stationären Pflege, um die finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen zu reduzieren.
Adäquate Finanzierung von Leistungen aus dem SGB V in der ambulanten Pflege: Derzeit sind die Leistungen, die im Bereich des SGB V durch ambulante Dienste erbracht werden, unterfinanziert. Dies muss sich ändern und der Leistungsaufwand neu bewertet werden.
Erhöhung der Pflegeleistungen: Anpassung der Pflegeleistungen an die tatsächlichen Kosten, um eine angemessene Versorgung sicherzustellen und die finanzielle Belastung für Pflegebedürftige, die in der eigenen Häuslichkeit versorgt werden, zu reduzieren.
Leistungsstarke Gesundheitsregionen brauche leistungsstarke Kommunen und Akteure: Eine gut vernetzte Pflegeinfrastruktur ermöglicht einen reibungslosen Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen, einschließlich Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften und Therapeut*innen. Elektronische Patientenakten und digitale Kommunikation erleichtern den Zugang zu relevanten Informationen und verbessern die Koordination der Pflege. Der Einbezug von weiteren Akteuren, wie Angehörigen und Ehrenamtlichen, in den Prozess ist ebenso wichtig. Wir brauchen leistungsstarke Gesundheitsregionen, in denen Kommunen dazu befähigt und verpflichtet werden, die Gesundheits- und Pflegeversorgung der Zukunft zu gestalten. Wir empfehlen als ein Mittel die Umsetzung von regionalen Gesundheits- und Pflegekonferenzen.
Die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu verbessern sowie Pflegepersonen angemessen zu bezahlen, sind zentrale Anliegen.
Um eine weitere Schwächung des Pflege- und Gesundheitssektors zu verhindern, müssen alle Möglichkeiten zur strukturellen und personellen Stärkung genutzt werden:
Attraktivität des Pflegeberufs steigern
Durch bessere Arbeitsbedingungen, klare und sich ergänzende Berufsprofile und Kompetenzen sowie Investitionen in den Arbeitsschutz soll der Pflegeberuf attraktiver gemacht werden.
Ausbildungsfinanzierung deutlich entbürokratisieren und Bescheide beschleunigen
Das Verfahren zur Ausbildungsfinanzierung in Hessen ist viel zu kompliziert und verbraucht zu viele Ressourcen auf allen Seiten. Zudem gibt es massive Rückstände bei der Abrechnung und Auszahlung von Mitteln bis zu drei Jahren. Zusammen mit systematisch zu gering bemessenen Ausgleichszahlungen, z.T. fehlerhaften Bescheiden oder Abrechnungen etc., belaufen sich die Zahlungsrückstände des Hessischen Landesamts für Gesundheit und Pflege (HLfGP) gegenüber den Einrichtungen in Hessen seit 2021/22 auf mehrere Millionen Euro.
Dies belastet in untragbarer Weise die Liquidität der Pflegeeinrichtungen. In der Konsequenz senkt dies die Ausbildungsbereitschaft der Einrichtungen. Hier muss die Politik gegensteuern und verloren gegangenes Vertrauen in die Verlässlichkeit und Funktionsfähigkeit der Behörde wiedergewinnen. Etwaige Zwischenlösungen, wie vorläufige Abrechnungsbestätigungen oder Abschlagszahlungen, können lt. den Behörden nicht oder nicht einfach umgesetzt werden. Sie würden den Trägern außerdem nur sehr eingeschränkt helfen.
Wir brauchen
eine ernsthafte und nachhaltige Entbürokratisierung
Digitalisierung und Mehrpersonalisierung in den zuständigen Behörden
bzw. prioritäre Bearbeitung der ausstehenden Zahlungen. Hier empfehlen wir z.B. für den Ausbildungsbereich einen Blick nach Bayern.
Sozialpädagogische Unterstützung als regelhaftes Angebot für alle Ausbildungskurse an den Pflegeschulen etablieren
Alle Erfahrungen aus den Pflegeschulen und auch den Einrichtungen zeigen die große Bedeutung von Sozialpädagog*innen für die Begleitung und Stärkung der Auszubildenden. In der einjährigen wie auch der dreijährigen Pflegeausbildung. Ausbildungsabbrüche können so vermieden werden, Pflegepädagog*innen entlastet und die bürokratischen Anforderungen eher gestemmt werden. Es lohnt sich der Blick nach Berlin, hier gibt es seit neusten eine refinanzierte Sozialpädagogische Unterstützung mit einer Regelung in der Verordnung (120 Auszubildende für mind. 1 Vollzeitstelle). Hier benötigen wir auch in Hessen dringen eine Lösung!
Arbeitskräfte aus dem Ausland: Anerkennungsverfahren entbürokratisieren und „GreenCard“ für Pflegehelfer
Der Mangel an Fachkräften in der Langzeitpflege ist überall zu spüren und wird z. B. über den Hessischen Pflegemonitor regelmäßig quantifiziert. Die Situation wurde mehrfach von der Liga Hessen beschrieben und es gibt verschiedene Bemühungen, Menschen für den Job in der Pflege zu gewinnen. Im Landeshaushalt 2025 wurden die wichtigsten Liga-Forderungen zur Steigerung der Ausbildungszahlen und zur Pflegehelfer*innen-Ausbildung leider nicht oder nur teilweise aufgegriffen. Z. B. muss die Schulgelderhöhung bzw. die Kursfinanzierung der Pflegehilfsausbildung sowie der Dual-Pflege-Studierenden auskömmlich ausgestaltet werden. Auch die Investitionskosten sind für diesen Bereich der Schulen nicht finanziert. Zudem herrscht jetzt bereits ein massiver Mangel an Pflegepädagog*innen in den Hessischen Pflegeschulen, der voraussichtlich durch die geplante, verlängerte Pflegeassistenzausbildung verschärft wird.
Die Länder können maßgeblich durch einfache und klare Prozesse in den Behörden eine positive Willkommenskultur mitgestalten. Dazu gehören zügigere Anerkennungsverfahren für im Ausland erworbene pflegerische Berufsabschlüsse. Um unnötige Fiktionsbescheide zu verhindern, empfehlen wir einen Erlass, damit Menschen nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss die ersten 6 Monate arbeiten können, bis dann die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis auch auf den aktuellen Arbeitsstatus aktualisiert ist. Grundsätzlich sollte es ohne zeitliche Begrenzung für Altenpflegehelfer*innen erlaubt sein, nach erfolgreicher Altenpflegehilfeausbildung mit einer Ausbildungsduldung, in der Pflege zu arbeiten.
Einrichtungen müssen gestärkt werden, Entscheidungen für innovative Technologien - und damit auch für Digitalisierung und Telematikinfrastruktur - und hiermit verbundene Investitionen treffen zu können und diese zeitnah umzusetzen.
Wie dies gelingen kann:
Anreize schaffen und Einrichtungen für technologische Entwicklungen und Erfordernisse stärken und unterstützen: Nur durch entsprechende Unterstützung und Rahmenbedingungen können sich Pflegedienste und Pflegeeinrichtungen für technologische Entwicklungen entscheiden und diese erfolgreich umsetzen
Systematische Digitalisierung im Gesundheitswesen den Einbezug aller Berufsgruppen und Beteiligung der relevanten Berufsgruppen (Pflege stellt die größte Berufsgruppe dar)
Unterstützung durch das Land: Förderungen vom Land, Land kann eine koordinierende Rolle einnehmen.
Auskömmliche Finanzierung über SGB XI und SGB V
Finanzierung der Integration von Inhalten zu digitalen Kompetenzen in Qualifizierungsmaßnahmen und in Ausbildungsgänge
Die Politik muss die richtigen Anreize schaffen, dass Technologie neben der Medizin auch in der Pflege entwickelt, gefördert und genutzt werden kann. Es muss eine Fokussierung auf einzelne Stakeholder vermieden werden, stattdessen benötigt es für eine systematische Digitalisierung im Gesundheitswesen den Einbezug aller Berufsgruppen. Die Pflege stellt dabei die größte beteiligte Berufsgruppe dar, entsprechend sind die Pflegeverbände bei allen richtungsweisenden Weichenstellungen zu beteiligen.
Ambulante Pflegedienste, wie auch (teil)stationäre Einrichtungen müssen für kommende Digitalisierungserfordernisse, für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur und weitere technologische Entwicklungen gestärkt werden und mehr Unterstützung vom Land erfahren. Damit Maßnahmen u.a. der Digitalisierung erfolgreich umgesetzt werden können, müssen die Akteure an einen Tisch gebracht und klare Empfehlungen und Förderungen vom Land ausgesprochen werden. Dafür muss das Land eine koordinierende Rolle einnehmen, bspw. durch ein Kompetenzzentrum Digitalisierung in der Pflege auf Landesebene. Auch kann eine Unterstützung durch beispielsweise Runde Tische erfolgen und die Sammlung und Veröffentlichung von Projektbeispielen.
Wir wünschen uns vom Land Hessen eine Förderung von Technologie- und Digitalisierungsmaßnahmen, die z.B. einen innovativen Charakter, zu einer Verbesserung der Pflegequalität, zur Entlastung der Pflegekräfte, zur Reduzierung von Bürokratie, Vereinfachung der Kommunikation mit Hilfesuchenden und anderen an der Versorgung beteiligten Akteure, Vernetzung, Förderung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Pflegeeinrichtungen und -diensten, Telepflege, etc. erfüllen. Auch eine Refinanzierung über die Entgelte SGB V sollte möglich sein. Zudem muss es das Ziel von Digitalisierungsmaßnahmen sein, eine echte Entbürokratisierung der Pflege durch den Einsatz von digitalen Technologien zu erreichen. Zunehmende Digitalisierung darf nicht als Kostensenkungsmaßnahme verstanden werden, sondern als ein langfristiger Investitionsprozess, der den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen und den Arbeitsprozessen der Pflegekräfte gerecht wird.
Damit Innovationen im Wohnen auch in Hessen entwickelt werden, braucht es sowohl eine modellhafte Förderung von Einzelprojekten als auch die Bereitschaft vonseiten der Kostenträger für neue Wege der regelhaften Finanzierung.
Über die letzten Jahrzehnte geprägt durch die derzeigte Struktur der Kranken- und Pflegeversicherung haben sich starre Sektorengrenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung etabliert. Diese sind nicht mehr zeitgemäß, denn eine zukunftsfähige Versorgung braucht einen ganzheitlichen Blick auf die Bedarfe der Hilfe- und Pflegebedürftigen und deren An- und Zugehörigen. Der Grundsatz „ambulant vor stationär“ entspricht auch dem Wunsch der von Pflege betroffenen Menschen, jedoch ist im derzeitigen Konstrukt lediglich eine Entscheidung für das eine oder das andere möglich. Das muss sich ändern, damit Versorgung auch in Zukunft gelingen kann. Dafür braucht es:
Abbau von Sektorengrenzen: Es bedarf eines gleichberechtigten Nebeneinanders verschiedener Angebote, ausgerichtet an der jeweiligen Pflege- bzw. sozialen Situation der Menschen. Auch stationäre Wohn- und Pflegeformen bleiben ein unverzichtbares Angebot.
Integrierte Versorgungskonzepte und -modelle: Die Zusammenarbeit zwischen ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zur integrierten Versorgung muss gefördert werden, damit diese ineinander greifen.
Stärkung der Kommunen: Leistungserbringer im Gesundheitswesen müssen sich untereinander vernetzen und kooperieren. Kommunen müssen darin gestärkt werden, die Gesundheitsversorgung gut vernetzt und leistungsstark koordinieren zu können. Um wohnortnahe Wohn-Pflegestrukturen aufzubauen, sollte das Land die Kommunen sowohl fachlich von der Bedarfsermittlung bis zur Integration in die bestehenden Strukturen vor Ort, mit entsprechenden Informationen unterstützen sowie die Prozesse und Programme begleiten. Als Mittel empfehlen wir reguläre regionale Gesundheits- und Pflegekonferenzen.
Versorgung der Zukunft geht nur durch eine gelungene Vernetzung von professionellen und informellen Hilfestrukturen
Grundlage dafür ist eine sozialräumlich orientierte Altenhilfe- und Pflegestrukturplanung. Die Kommunen brauchen für die Erarbeitung Unterstützung und ggf. Vorgaben vom Land. Dazu empfehlen wir die Besetzung einer koordinierenden, prozessbegleitenden Stelle auf Landesebene. Ein wichtiges Mittel hierfür sind regional verankerte Gesundheits- und Pflegekonferenzen, die alle an der Versorgung beteiligten Akteuren an einen Tisch bringen – auch unter Einbezug von Wirtschaft und Zu- und Angehörigen.
Modellhafte Projekte zu alternativen Wohn- und Versorgungsformen fördern, Regelfinanzierung ermöglichen
Damit Innovationen im Wohnen auch in Hessen entwickelt werden, braucht es sowohl eine modellhafte Förderung von Einzelprojekten als auch die Bereitschaft vonseiten der Kostenträger für neue Wege der regelhaften Finanzierung. Ebenso soll die Förderlandschaft vereinfacht und mehr auf die Bedarfe von Akteuren lokaler Sorgestrukturen angepasst werden.
Gestaltungsmöglichkeiten schaffen und Übertragbarkeit in die Regelfinanzierung
Es müssen Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen werden (struktureller, rechtlicher, finanzieller Rahmen etc.), um mit innovativen und alternativen Wohnformen der vielfältigen Bedarfe einer älter werdenden Gesellschaft Rechnung tragen zu können. Nach erprobten Modellen muss eine Übertragbarkeit in die Regelfinanzierung ermöglicht werden.
Alle Überprüfungen, Datenerhebungen und Dokumentationspflichten auf Bundes- wie auch auf Landesebene müssen auf den Prüfstand und deutlich reduziert werden
Das Miteinander der Akteure, also der Leistungserbringer „Pflege“, der Kranken- und Pflegekassen und weiterer Kostenträger sowie des Bundes/Landes muss neu gedacht und mit Vertrauen neu aufgebaut und gestärkt werden.
Bescheide beschleunigen. Außenstände, Bearbeitungsdauern bei Behörden und Krankenkassen werden immer länger.
Schon jetzt verzweifeln insbesondere kleinere und mittelgroße Einrichtungen an den immer aufwendiger werdenden Auflagen. Durch einen spürbaren Bürokratieabbau wird Kostenträgern und Leistungserbringern gleichermaßen ermöglicht, vorhandene Ressourcen entsprechend der Bedarfe und gestellten Aufgaben einsetzen zu können.
Das Land Hessen muss sich für eine Vereinfachung der Verfahren im Gesundheitsbereich einsetzen, bspw. bei Erhebungs- und Berechnungsverfahren zum Ausbildungsfonds, verschiedenen Meldeverfahren bei Änderungen im Personal, bei Leistungserfassungen und Abrechnungen.
Ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen arbeiten in enger Abstimmung mit Kranken- und Pflegekassen und weiteren Leistungserbringern im Gesundheitswesen zusammen. Häufig zeigt sich im Zusammenspiel, dass gerade die weiteren beteiligten Berufsgruppen und Organisationen den Erwartungen an digitalen Datenaustausch nicht gerecht werden können. Hier bedarf es einer Gesamtstrategie, um Medienbrüche zu vermeiden und Abläufe zu entbürokratisieren.
Wir benötigen eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der Kommunikation mit Kostenträgern. Eine Einrichtung muss z.B. mit einer Vielzahl an verschiedene Kostenträger (Kranken- und Pflegekassen sowie Sozialhilfeträger) abrechnen. Die Einhaltung der verschiedenen Abrechnungswege ist für die Einrichtungen sehr personalintensiv und zeitaufwendig.
Wir brauchen eine flächendeckende digitale Dokumentation und Abrechnung zur Entlastung der Pflegenden. Eine effiziente Nutzung der Digitalisierung ist von der Akzeptanz der vollständig elektronischen Pflegedokumentation und der entsprechenden Leistungsnachweise durch die Kassen abhängig. Auch die digitale Unterschrift auf digitale geführten Leistungsnachweisen muss durchgängig und zeitnah akzeptiert werden.
Das Land Hessen muss seine Verantwortung wahrnehmen und endlich ausreichend die Pflegeeinrichtungen fördern – damit nicht noch mehr schließen müssen
Die Refinanzierung der Investitionskosten muss an die aktuellen wirtschaftlichen Realitäten angepasst und angemessen angehoben werden. Derzeit ist die Finanzierung der Baukosten pro Platz nicht ausreichend, weshalb notwendige Sanierungen oder Neubauprojekte nicht durchgeführt werden können. Das Land Hessen muss sich wieder aktiv am Neu- und Ausbau der pflegerischen Infrastruktur beteiligen und drastisch die öffentliche Förderung erhöhen. Die Refinanzierung kann nicht weiter zu Lasten der Bewohner*innen sowie der kommunalen Sozialhilfeträger gehen.
Die Energiekrise zeigte auf, dass eine massive energetische Investition in die bestehende Infrastruktur erforderlich ist. Es bedarf energetischer Maßnahmen für individuelle sowie komplexe Energiebedarfsstrukturen einzelner Pflegeeinrichtungen. die mit hohen Kosten und längeren Amortisationszeiten verbunden sind. Das Investitionsrisiko auf dem Weg zur Klimaneutralität darf daher nicht bei den Pflegeeinrichtungen allein liegen. Investitionen in Maßnahmen zur Erreichung von Klimaneutralität und nachhaltiger energetischer Versorgung müssen refinanzierbar sein.
Unsere Partner
Gemeinsam mit der Diakonie Deutschland und dem Deutschen Evangelischen Verband für Altenarbeit und Pflege e. V. (DEVAP e. V.) setzen wir uns auf Bundesebene für grundlegende Reformen ein. Auf Landesebene sind wir in den Ligen der freien Wohlfahrtspflege aktiv. Hier sind wir in verschiedenen Gremien und Arbeitsgruppen vertreten und bringen die Interessen und Belange unserer Mitglieder der Diakonie Hessen ein.
Die Diakonie Hessen bietet Kranken und pflegebedürftigen Menschen Hilfe und Unterstützung durch ihre Mitgliedseinrichtungen an. Zu den 2.223 Mitgliedseinrichtungen gehören 31 Krankenhäuser, 409 Einrichtungen der Altenhilfe, 130 Diakoniestationen und 32 Einrichtungen der Hospizhilfe. (Stand 18.09.2023)
Wirtschaftliche Situation der Pflegeeinrichtungen in der Diakonie Hessen
Die Diakonie Hessen hat 2024 unter den Pflegeeinrichtungen ihrer Mitglieder eine Umfrage zur wirtschaftlichen Situation durchgeführt.
Ambulante Pflegeeinrichtungen
78 Prozent der ambulanten Einrichtungen mussten ihr Angebot 2024 einschränken bzw. konnten keine weiteren Klient*innen aufnehmen. Gründe sind fehlendes Personal, so dass die Nachrfrage nicht gedeckt werden kann. Zudem können sich die Klient*innen die Zuzahlungen schlicht oftmals nicht leisten und nehmen daher nur einen Teil der benötigten Leistungen in Anspruch bzw. reduzieren diese.
Über die Hälfte der Teilnehmer*innen prognostizieren eine Verschlechterung des Betriebsergebnisses gegenüber 2023.
Stationäre Pflegeeinrichtungen
Über ein Drittel der Teilnehmer*innen der Diakonie Hessen-Umfrage prognostizieren eine Verschlechterung des Betriebsergebnisses gegenüber 2023. Gründe hierfür sind vorallem nicht ausreichend refinanzierte Personalkosten und Sachaufwendungen, Leistungseinschränkung, Laufzeiten von Bescheiden Sozialhilfe, Kostenübernahme, etc, aber auch verzögerte Zahlungseingänge durch Kostenträger wie Kranken- und Pflegekassen sowie durch Sozialhilfeträger.
Pflegebedürftige in Hessen und Rheinland-Pfalz
Hessen
Ende 2023 gab es laut Pflegestatistik 2023 des Landes Hessen (Zur Übersicht auf der Seite statistik.hessen.de) in Hessen etwa 423.400 Pflegebedürftige (Personen mit anerkanntem Pflegegrad, die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung beziehen), davon wurden 86,4 Prozent zu Hause versorgt, 58,63 Prozent hatten eine selbst organisierte Pflegehilfe, 17,60 Prozent mit ambulanten Pflege- und Betreuungsdienst, 10,21 Prozent hatten Pflegegrad 1 (also mit Leistungen zur Unterstützung im Alltag) und 13,5 Prozent wurden in Pflegeeinrichtungen versorgt.
Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz gab es laut dem Statistischen Landesamt in Rheinland-Pfalz (Zum Statistischen Monatsheft September 2023) insgesamt 241.400 pflegebedürftige Personen (Zahlen von 2021, Personen mit anerkanntem Pflegegrad die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung beziehen). Davon wurden 85 Prozent zu Hause und 13,3 Prozent in Pflegeeinrichtungen versorgt. Von denen, die zuhause versorgt wurden, haben 53,2 Prozent eine Pflegehilfe selbst organisiert. 19,6 Prozent haben einen ambulanten Pflege- und Betreuungsdienst beauftragt, 11,9 Prozent haben Pflegegrad 1 (also mit Leistungen zur Unterstützung im Alltag).
Mitarbeitende in der ambulanten und stationären Pflege
Hessen: Im Jahr 2023 gab es knapp über 90.000 Beschäftigte in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen.
Rheinland-Pfalz: Ca. 48.000 Pflegekräfte
Eigenanteile
Pflegebedürftige, die zuhause versorgt werden
Die Eigenanteile für Pflegebedürftige, die zuhause versorgt werden, variieren je nach Pflegegrad und den individuellen Pflegeleistungen. Im Allgemeinen sind die Eigenanteile für häusliche Pflege niedriger als für stationäre Pflege, da keine weiteren Kosten für Unterkunft und Verpflegung anfallen. Die genauen Zahlen können jedoch stark variieren und sind oft individuell zu berechnen.
Pflegebedürftige in Pflegeheimen
Die Eigenanteile für Pflegebedürftige in Pflegeheimen setzen sich aus pflegebedingten Aufwendungen, Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten zusammen. Hier sind die durchschnittlichen monatlichen Eigenanteile:
Hessen und Rheinland-Pfalz
Ca. 3.000 Euro kostet die Bewohner*innen ein Platz im Pflegeheim im Bundesdurchschnitt in den ersten zwölf Monaten. Bei langer Verweildauer sinkt der Betrag auf ca. 2.000 Euro.
Diese Zahlen verdeutlichen die finanzielle Belastung, die Pflegebedürftige und ihre Angehörigen tragen müssen.
Kampagne #PflegeGehtUnsAlleAn
Unser Gesundheits- und Pflegesystem braucht grundlegende Veränderungen. Wir können nicht länger warten. Es muss endlich was geschehen. Machen Sie mit und zeigen Sie, warum Pflege so wichtig ist und warum sich die Rahmenbedingungen ändern muss.